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Trachten-Tradition in Bayern: Von der Arbeitskleidung zum Modetrend
Das Oktoberfest 2019 rückt näher und damit auch die internationale Hauptsaison der Dirndl und Lederhosen. Doch wo kommen diese modischen und traditionsreichen Kleidungsstücke her? Wir klären auf und geben einen Ausblick, welche Trachtenmodetrends aus Bayern die Volksfeste der Welt dieses Jahr dominieren werden.
Tracht ist nicht gleich Tracht
Einigen dürfte das bereits klar sein, dennoch erinnern wir noch einmal daran: In ganz Bayern gibt es verschiedene Trachtarten! Jede Region hat ihre eigene Geschichte und dementsprechend eine eigene Tracht. Dabei unterscheiden sich nicht nur Franken, das Allgäu und Oberbayern hinsichtlich ihrer Trachten-Tradition. Sogar innerhalb der einzelnen Regionen werden teilweise unterschiedliche Bräuche und Trachten gepflegt. Wer bei „Trachtenmode“ an Dirndl und Lederhosen denkt, der denkt beispielsweise an die oberbayerische Gebirgstracht. Doch auch von dieser gibt es mehr als eine Variante. Es lassen sich tatsächlich etwa sechs verschiedene Gebirgstrachten benennen:
• Berchtesgadener Tracht
• Chiemgauer Tracht
• Inntaler Tracht
• Isarwinkler Tracht
• Miesbacher Tracht
• Werdenfelser Tracht
Den Titel der „richtigen bayerischen Tracht“ kann dabei keine dieser sechs für sich beanspruchen. Doch wollen wir Sie nicht zu sehr in die trockenen Definitionen hineinziehen. Es sei nur so viel gesagt: Wenn Sie in einen unterfränkischen Trachtenverein eintreten wollen, sollten Sie zum ersten Treffen nicht mit einer Lederhose erscheinen!
Lederhosen: Zeitlos, schön, robust, praktisch
Zweifellos ein Klassiker in der bayerischen Trachten-Tradition ist die Lederhose. Ursprünglich war sie eine Arbeitshose von Bauern, die aufgrund ihres Materials sehr robust und dem harten Arbeitsalltag gewachsen war. Bis heute wird die traditionelle Lederhose aus Gams- oder Hirschleder angefertigt. Kurz vor 1800 war dieses Kleidungsstück bereits in Mode, etwas später verschwand sie. Ihre modische Rückkehr begann 1883 als der Lehrer Joseph Vogl den ersten bayerischen Trachtenverein gründete. Im Ort wurden die Mitglieder zwar belächelt, allerdings war König Ludwig II. ein Trachtenanhänger. So sorgte er dafür, dass der Adel bei der Jagd Lederhosen trug und die Beinkleider kamen wieder in Mode. Die bayerische Tracht wurde zum Trend. Der größte Unterschied verschiedener Modelle besteht heute in der Länge: Kniebundhosen, kurze Platter und Bermudas oder lange Stiefel-Lederhosen sind möglich. Letztere sind ohne Zweifel am seltensten anzutreffen, wohl auch weil das Tragen einer langen Lederhose auf einem vollen Volksfest auf Dauer recht unbequem sein dürfte.
Lederhosentrends 2019
Was Trachten angeht, kommen die wichtigsten Trends natürlich aus Bayern. Wer eine Lederhose kaufen will, wird hier ein reiches Angebot vorfinden. Doch eines sei gesagt: Bei einer Lederhose gilt wie bei wenigen anderen Kleidungsstücken: Qualität ist alles. Sie sollten auf keinen Fall ein billiges Modell aus minderwertigem Leder kaufen. Zwar sind die Lederhosen aus Hirsch-, Reh- oder Gamsleder deutlich teurer, sie halten aber auch länger als billigere Stücke. Außerdem greift ein wichtiger modischer Faktor nur bei diesen Modellen: Sie altern „g‘scheit“. Am besten sieht eine traditionell bayerische Herrenlederhose nämlich mit einer schönen, edlen Patina aus, die erst nach mehrfachem Tragen entstehen kann. Einige Trachtenprofis helfen bei einer neuen Hose sogar nach, indem sie diese mit Butter oder Melkfett bearbeiten. Wenn Sie nur Gelegenheitsträger sind und sofort modebewusst auftreten wollen, sollten Sie sich eine Hose im „Used-Look“, „Antik-Look“ oder mit „Used-Finish“ zulegen. Diese wurden aufwändig behandelt und haben dadurch Gebrauchsspuren wie Sitzfalten und eine schöne Patina. So können Sie auch als Neuling der Trachtentradition stilecht auftreten.
Lederhosen kombinieren, aber wie?
Als Mann hat man es seit je her einfach, wenn man sich angemessen kleiden will. Zur Lederhose gehört traditionell ein weißes, weites Trachtenhemd aus Leinen, das man heute aber problemlos durch ein dezent kariertes, farblicheres, körperbetontes Modell ersetzen kann. Erlaubt ist, was dem Träger gefällt. Wer möchte, kann das Hemd um eine Trachtenweste ergänzen. Es sollten dabei edle Materialien wie Samt oder Brokat und Taft verarbeitet sein. Wenn die Trachtenweste zu förmlich erscheint, können Sie die traditionelle Tracht aus Bayern auch mit trendigen Strickwesten ergänzen. Ob Sie dabei auf Wollstrick, reine Wolle, Baumwolle oder Woll-Mischgewebe setzen, ist Ihnen selbst überlassen. Generell legt die bayerische Tracht den Dresscode für Männer weit weniger streng aus als für Frauen.
Dirndl: Blickfang mit Tradition
Jahrhunderte alt und doch aus der Modewelt nicht mehr wegzudenken ist dieses Kleidungsstück. Ursprünglich war es die Arbeitskleidung junger Mägde, die an Höfen in Österreich oder Bayern dienten. Daher kommt auch der einfache strapazierfähige Stoff: Ursprünglich waren Dirndlhemden aus Leinen- oder Baumwollstoffen, über denen ein Dirndlkleid aus demselben Stoff aber in anderer Farbe getragen wurde. Abschließend gehört noch eine Schürze dazu, die man früher mal aus Bettwäsche fertigte, um ein vollständiges Dirndl zu ergeben. Die einfache Natur des Traditionskleids änderte sich erst um die 1930er Jahre: Urlauberinnen aus der Stadt entdeckten das Dirndl auf dem Land und machten es nach und nach stadttauglich. So wurden die Dirndl bunter, aufwändiger verarbeitet und verziert.
Dirndl-Trends 2019
Konkrete Trends lassen sich bei den Frauentrachten aus Bayern nur schwer benennen, da so vieles möglich ist. Dirndl werden zunehmend individueller und vielseitiger. Für viele gehört ein großer Ausschnitt zu einem klassischen Dirndl dazu wie die Brezn zur Weißwurst, doch auch hochgeschlossene Trachtenblusen sind mittlerweile oft und gern gesehen. Gleichzeitig werden die Kleider kürzer: Ein traditionelles Dirndl endet einen Maßkrug über dem Boden, doch einen so langen Trachtenrock will heute kaum noch jemand tragen. Es sind „Mini-Dirndl“ angesagt, die nicht einmal die Knie bedecken. Außerdem sieht man immer mehr edle oder ausgefallene Stoffe. Modelle aus reiner Seide, Brokat und Spitze gehören ebenso zum Standardrepertoire der Designerkollektionen wie Dirndl aus Jeans- oder sogar Saristoff. Letzterer ist ein klares Zeichen für die indische Vielfalt in Bayern. Die traditionell eigentlich stimmigste Trachtvariante aus Baumwollstoff trägt mittlerweile den Spitznamen „Waschdirndl“ und ist sehr beliebt bei Dirndl-Neulingen. Der Name kommt daher, dass Sie diese Kleider einfach in die Waschmaschine stecken können und sie nicht sehr pflegebedürftig sind.
Dirndl kombinieren, aber wie?
Bei so viel Auswahl was allein die Stoffe angeht, sind die Kombinationsmöglichkeiten schier endlos. Das ist nicht wenig überraschend, wo die bayerische Trachten-Tradition Frauen ursprünglich besonders streng vorschrieb, welches Kleidungsstück wann und wie genau zu tragen ist. Angefangen bei der Trachtenbluse, die heute nicht mehr rein weiß sein muss, sondern auch Farbakzente setzen darf, bis hin zum Trachtenhut, der seit einigen Jahren in Mode ist: Heutzutage hat Frau hier die Qual der Wahl. Auch was das Schuhwerk angeht, sind Sie heute in Ihrer Entscheidung so frei wie nie. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gab es strenge modische Vorschriften, welche Socken, Strümpfe und Schuhe zum Dirndl getragen werden durften. Als traditionell gelten bis heute die Haferlschuhe, allerdings empfinden viele diese als zu klobig und zu wenig damenhaft. Daher ist es auch völlig legitim, wenn Sie zu Ihrem Dirndl High-Heels, Pumps oder Ballerinas tragen. Sogar Sneaker in passenden Farben sieht man unter einem Dirndl mittlerweile oft über die Wiesn (so nennt der Bayer das Oktoberfest) laufen. Natürlich können Sie auch Schmuck tragen, um Ihr Dirndl aufzupeppen. Hier sind besonders Perlen beliebt, die Sie entweder als Dekoration am Dirndl, als Kette am Handgelenk oder auf einem Haarreif auf dem Kopf tragen.
Das einzige No-Go beim Dirndl-stylen
Noch ein abschließender Hinweis zur Dirndlschürze: Traditionell hat die Position der Bindung der Schleife eine Bedeutung. Ist die Schürze vorne rechts gebunden, ist die Trägerin vergeben, ist sie vorne links gebunden, ist die Trägerin zu haben. Diese Tradition ist mittlerweile aufgeweicht, Sie können Ihre Schürze binden, wie Sie möchten. Möglicherweise werden Sie allerdings mehr Männer ansprechen, wenn sich Ihre Bindung links befindet. Was von dieser Tradition übrig ist, ist die Bedeutung einer hinten gebundenen Schürze: Eine Bindung auf dem Rücken bedeutet, dass die Trägerin verwitwet ist. Aus Respekt den verwitweten Frauen gegenüber sollten Sie deshalb die Schürze nicht aus modischen Gründen auf dem Rücken binden.
Die Tradition verbindet Gegenwart und Vergangenheit
In Bayern trifft Innovation regelmäßig auf Tradition im positivsten Sinne. Anhand von Dirndl und Lederhose lässt sich zeigen, wie ein starker Bezug in die eigene Vergangenheit zu kreativen Neuschöpfungen führen kann, die weltweiten Einfluss ausüben. Nicht ohne Grund tragen alle Spieler des FC Bayern München bis heute bei feierlichen Anlässen eine traditionelle bayerische Tracht. Auch das Oktoberfest zeigt, wie zukunftsträchtig Traditionen sein können, wenn man sie richtig anpackt. Ebenso wie das größte Volksfest der Welt sind auch die Trachten aus Bayern keine kurzlebige Trenderscheinung, sondern zeitlose Klassiker.