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www.hofflohmaerkte.de|©Simon Malik Photography
Flohmarktkultur in Bayern: Wie Trödel Gemeinschaft und nachhaltigen Konsum schafft
Flohmärkte sind in Bayern schon immer sehr beliebt gewesen. Und mit dem jüngsten Trend zum Recycling und Upcycling werden sie nicht nur zu einem Marktplatz für den privaten Handel, sondern auch zu einem Teil der Volkskultur. Kommen Sie mit auf eine Tour!
Auf Flohmärkten einzukaufen ist die nachhaltigste Art zu kaufen: Second-Hand-Mode wird nicht produziert und benötigt keine Rohstoffe, geschweige denn Umweltgifte.
Die Belastung der Umwelt wird verlangsamt, und es werden weniger Arbeitskräfte benötigt.
Die Bayern lieben Flohmärkte, weil sie als ein wichtiges Element der Abfallvermeidung und Wiederverwendung gelten, das nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Aspekte vereint.
Beim Besuch einiger der beliebtesten Flohmärkte des Landes wird ein weiterer wichtiger Aspekt deutlich, der diesen Trend antreibt: Es ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern macht auch Spaß. Auf Flohmärkten lernt man neue Leute kennen und knüpft Kontakte durch gemeinsame Interessen. Das Feilschen ist zudem eine gute Möglichkeit, um ins Gespräch zu kommen und sogar neue Freunde zu finden.
Veranstaltungen in ganz Bayern, die Sie nicht verpassen sollten, finden Sie hier in unserer Übersicht.
„Klassische“ Flohmärkte: Schnäppchenjagd im ganzen Land
Der Trempelmarkt in der berühmten Stadt Nürnberg lockt jedes Jahr (nächster Termin: 8./9. September 2023) rund 200.000 Besucher in die historischen Gassen der Altstadt. Ein besonderes Highlight ist der Nachtmarkt am Freitagabend, der bis Mitternacht dauert.
Auch Flohmärkte sind in Mittelfranken beliebt. In Schwabach verwandelt sich die Innenstadt einmal im Jahr in einen riesigen Flohmarkt mit rund 450 Ausstellern. Auf Unterfrankens größtem Flohmarkt in Würzburg ist viel Altes und Gebrauchtes, aber auch viel Neues zu finden.
Der größte „klassische“ Flohmarkt ist der auf der Theresienwiese in München mit 80.000 Quadratmetern und über 2.000 Ausstellern.
Neben den traditionellen Flohmärkten gibt es auch Spezialitäten-Flohmärkte, etwa für Mädchen, Kinder oder bestimmte Arten von Vintage-Waren. Diese erfreuen sich vor allem bei Jugendlichen einer großen Beliebtheit.
Googlen Sie, um einen Flohmarkt in Ihrer Nähe zu finden, oder besuchen Sie den “Flohmarktratgeber”.
www.hofflohmaerkte.de|© Simon Malik Photography
Lokale Flohmärkte oder Hofflohmärkte: Nostalgie und Nachhaltigkeit in der Nachbarschaft
Eine neue und immer beliebter werdende Art von Flohmarkt ist der so genannte Hofflohmarkt, vergleichbar mit den Yard Sales in den Vereinigten Staaten. In den größeren bayerischen Städten haben die Hofflohmärkte schon seit Jahren Kultcharakter. In der Regel sucht sich jedes Viertel ein anderes Wochenende aus, an dem die Nachbarn ihre Waren in Vorgärten, Hinterhöfen oder Einfahrten ausbreiten und nicht nur die Nachbarn, sondern auch Besucher aus nah und fern willkommen heißen.
Ein Hofflohmarkt ist eigentlich immer ein Mitmach-Projekt. Die Bewohner eines Hauses oder Wohnblocks tun sich zusammen, um ihren Hofflohmarkt zu einem wirtschaftlichen und sozialen Erfolg zu machen. Mit der Teilnahme am Hofflohmarkt wird nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft und nachhaltiges Leben gelebt, aber auch zwanglose Kontakte geknüpft.
www.hofflohmaerkte.de|© Simon Malik Photography
Was hat Sie zur Gründung dieser Initiative bewegt? Gab es einen ausschlaggebenden Punkt?
Als Solo-Selbständiger engagierte ich mich seit über 20 Jahren für die Stadtviertel, lokale Läden, Kultur und die Gastronomie. Die Viertel liegen mir schon immer sehr am Herzen. Diese stehen für ein lebendiges, buntes und individuelles Miteinander in der Großstadt. Die Kombination von Nachbarschaft, Nachhaltigkeit und Viertelliebe sind für mich die perfekte Mischung für facettenreiche „Mitmach“-Projekte - wie die Hofflohmärkte.
Durch viele Gespräche mit Laden-Inhaber*innen, Kreativen und lokal aktiven Menschen konnten bereits viele Ideen und Projekte gemeinschaftlich umgesetzt werden. Bei einem abendlichen Treffen kam somit die Idee des Hofflohmarkts, bzw. der Hofflohmärkte. Manche kannten den einzelnen Hofflohmarkt aus der Nachbarschaft oder auch die ursprüngliche Idee aus Amerika. Dort sind gemeinschaftliche Flohmärkte in Vorgärten oder Garage entstanden - bekannt unter der Bezeichung der Garage- und Yard-Sales. Den einzelnen Hofflohmarkt gibt es somit seit Jahrzehnten. Neu war die Verknüpfung mehrere Hofflohmärkte im Viertel und den Zusammenschluß verschiedener Viertel an unterschiedlichen Terminen als die bekannte Serie.
Die Internetseite www.hofflohmaerkte.de und die damit verbundenen lokalen Stadtseiten, wie www.hofflohmaerkte-muenchen.de oder www.hofflohmaerkte-wuerzburg.de sind dabei die große Informations-Plattform für Nachbar*innen und Besucher*innen.
Die Idee der gemeinschaftlichen Hofflohmärkte begann vor über 15 Jahren in wenigen Vierteln. Von Jahr zu Jahr ist die Idee gesund in weitere Nachbarschaften gewachsen. 2015 traute ich mich dann in weitere Städte, wie Köln, Stuttgart, Frankfurt, Mannheim und in knapp 40 weitere Städte und Gemeinden. Stand heute finden die Hofflohmärkte via www.hofflohmaerkte.de in 300 verschiedenen Vierteln und Nachbarschaften in ganz Deutschland statt.
Wie haben sich die Besucher und/oder Aussteller in den letzten Jahren verändert? Haben auch Sie den Trend der jüngeren Generation hin zum nachhaltigen Lifestyle bemerkt?
Was in den ersten Jahren noch ein Geheimtipp war und sehr viel Erklärungen und Kommunikation benötigte, ist heute für viele schon ein Klassiker und im Stadtleben nicht mehr wegzudenken. Die beliebte Idee ist gelernt. Die Motivationen sind dabei unterschiedlich. Natürlich möchte ein gewisser Teil der Nachbar*innen ihre alten Lieblingsstücke verkaufen und Besucher*innen möchten Schnäppchen „jagen“. Andere Anwohner*innen sind hauptsächlich aufgrund der Gemeinschaft und den tollen Gesprächen einmal im Jahr dabei. Vielerorts ist es der Tag in der Hausgemeinschaft und das wird noch für ein anschliessendes Hof- und Gartenfest feierlich abgeschlossen. Und so manche Besucher*innen nützen den Tag um neue Ecken im Viertel oder der Stadt zu entdecken. Normalerweise läuft man immer seine üblichen Wege zur Arbeit oder zur Familie und Freund*innen. Die Hofflohmärkte lassen einen neue Gegenden, Straßen, Höfe und Gärten mit positiven Anlass erkunden.
Einen klaren Trend nur bei jüngeren Generationen konnten wir nicht feststellen - eher eine gesamtgesellschaftliche Motivation. Die Hofflohmärkte waren und sind immer bunt gemischt und generationenübergreifend. Jede*r ist herzlich willkommen.
Das Bewusstsein, alte Lieblingsstücke lieber zu verkaufen oder zu verschenken, als diese wegzuwerfen, konnten wir bestimmt bei vielen Menschen stärker mitprägen. Wir sehen Nachhaltigkeit nicht als Lifestyle, sondern als einen gewisse Beitrag für mehr Umweltschutz für uns und die kommenden Generationen.
Was denken Sie, wie sich die Hofflohmärkte in den nächsten Jahren entwickeln werden? Werden diese eher zu- oder abnehmen?
Viele Termine und Viertel der Hofflohmärkte sind etabliert und sehr beliebt. In München haben wir einen „gesunden" Wechsel an Höfen. Es kommen immer wieder neue Höfe dazu, während andere Höfe vielleicht ein Jahr pausieren. Bei einigen Vierteln mit über 200 Höfen befinden wir uns zudem auf einem sehr hohen Niveau und auch kleinere Viertel oder unsere Termine am Freitag Abend sind mit bis zu 100 Höfen sehr gut gefragt.
Und ja - natürlich gibt es auch Nachbarschaften, wo die Hofflohmärkte noch viel neues Potential haben. Daran arbeiten wir täglich mit dem Engagement aus den Vierteln - z.B. mit dem Quartiersmanagement, Bürgervereinen, Initiativen oder Menschen, die etwas positives für ihr Viertel beitragen möchten.
In München ist die Terminierung mittlerweile sehr schwierig geworden. Bei über 50 Vierteln fehlen leider freie Termine um alle gut unterzubrigenen. Der Wunsch von weiteren Vierteln in München, dem Münchner Umland und auch ganz Bayern ist kontinuierlich hoch.
Nach wie vor starten wir regelmässig in neuen Städten und haben eine lange Wunschliste für Nachbarschaften ohne Hofflohmärkte. In Nachbarschaften, wo das Engagement nachlässt, pausieren wir zeitweise, um mit neuen Schwung früher oder später wieder loszulegen.
Sie waren bereits als kleiner Junge auf Flohmärkten unterwegs. Was bereitet ihnen am meisten Freude an den Hofflohmärkten? Gerne auch aus Sicht des Besuchers
Meine Eltern haben mich aus vielen Aspekten auf Flohmärkte mitgenommen. Wir mussten sparsam leben und waren somit dankbar über das ein oder andere Schnäppchen bei den Trödelmärkten der Stadt. Für mich als Kind war es immer ein besonderes Erlebnis, weil es so viele schöne Sachen gab und weil ich das wuselige Treiben auf den Plätzen immer spannend und unterhaltsam fand.
Auch nach vielen Jahren liebe ich die Hofflohmärkte und Flohmärkte jeder Art. Man entdeckt immer etwas Neues - spezielle Unikate oder faszinierende Preziosen. Manche alten Lieblingsstücke erinnern einen an die eigene Kindheit und sind eine spannende Zeitreise „in echt“.
Wunderbar sind auch neue Höfe oder Gärten, die noch nie dabei waren und jetzt für die Hofflohmärkte extra ihre Tore öffnen. Der Blick in die Hinterhöfe und die privaten Gärten hat einen einzigartigen Charme. Es ist meistens sehr herzlich, fröhlich und familiär. Besonderheiten von Architektur, Wissenswertes bezüglich der örtlichen Geschichte oder eine wunderschöne grüne Oase mit vielen Bäumen, Pflanzen und Beeten lassen es etwas wie Urlaub in einer kleinen Oase erscheinen.
Die Hofflohmärkte sind somit eine große und bunte Wundertüte für ein gemeinschaftliches und nachhaltiges Miteinander.
Für ein buntes und abwechslungsreiches Flohmarkterlebnis im ganzen Stadtteil sorgen viele unterschiedliche und dezentrale Flohmärkte. Dabei kann man nicht nur das eine oder andere Schnäppchen machen, sondern lernt die Stadt und ihre Umgebung auch von einer Seite kennen, die sonst vielleicht verschlossen bliebe. Jedes Viertel besticht durch seinen eigenen Charakter und den Charme der Menschen, die dort leben. So lernt man die Stadt abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten kennen.
Die Hofflohmärkte sind daher auch ein großes Gemeinschaftserlebnis.
Der Ursprung der Idee kommt aus Amerika.
Dort gab es schon vor den 1970er Jahren Garagen- oder Hinterhofverkäufe. Nachbarn taten sich zusammen, um Dinge, die sie nicht mehr brauchten, im Hinterhof oder in der Einfahrt zu verkaufen. Auch in älteren Fernsehserien wie „Golden Girls" (1990) waren Flohmärkte in einigen Episoden zu sehen. Das Konzept wurde dann in den 2000er Jahren in mehreren Münchner Vierteln und Straßen aufgegriffen. Viele Stadtviertel begannen mit 10 bis 40 teilnehmenden Hinterhöfen und sind inzwischen deutlich gewachsen und erfreuen mit bis zu 300 teilnehmenden Hinterhöfen und Gärten mehrere tausend Besucher.
Flohmarktsaison
Mittlerweile gibt es pro Jahr über 500 Hofflohmärkte-Termine in ganz Deutschland In Bayern finden sie u.a. in München, Regensburg, Planegg und Würzburg statt. Die Flohmarktsaison beginnt Ende April und dauert bis Oktober. Hier finden Sie die Termine und Orte.
Der Besuch eines Flohmarktes in Bayern ist zu einem regelrechten Muss geworden. Ungewöhnliche Locations, Live-Musik, DJs, Essen und Trinken und eine entspannte Atmosphäre zeichnen die Märkte von heute aus.
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