5 Minuten mit ... 23.02.2023

Fünf Minuten mit ... Thorsten Seeger, COO October & Geschäftsführer bei October Deutschland

Das französische FinTech Start-up October fokussiert sich auf Finanzprodukte für Unternehmen aller Größen. Mit dem holistischen Ansatz „Unternehmenskredite 4.0“ soll der gesamte Prozess durch Digitalisierung von Beantragung bis hin zur Kreditvergabe vereinfacht werden. Das Tool October Connect unterstützt zudem etablierte Finanzinstitute dabei, die Risikoanalyse sowie die Leistung des Portfolios verbessern und überwachen zu können. October sieht sich als europäisches Unternehmen und betreibt neben dem Headquarter in Paris Standorte in Spanien, Italien und den Niederlanden. Seit Ende 2019 ist October mit einem Münchner Büro in Deutschland aktiv. Wir sprechen mit Thorsten Seeger, COO October & Geschäftsführer bei October Deutschland, über die Gründe der Standortwahl und die Besonderheiten des Finanzmarktes in Deutschland.

Warum hat October sich für den Markteintritt in Deutschland dafür entschieden, einen Standort in München aufzubauen?

Seit der Gründung im Jahr 2014 hatte October den Plan und den Anspruch, ein europäisches Unternehmen zu sein. Wir haben sehr früh mit der Internationalisierung angefangen und Standorte in Spanien, Italien und den Niederlanden eröffnet. Seit Ende 2019 sind wir auch in Deutschland aktiv.

Es war nie eine Frage für October, ob wir auf den deutschen Markt wollen, sondern immer nur wann und wo. Wer einen europäischen Anspruch hat, muss natürlich zumindest in Frankreich und Deutschland vertreten sein.

Die Wahl für den Standort München haben wir sehr bewusst getroffen. Ein entscheidender Faktor hierbei war die relative Wirtschaftskraft Bayerns, gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ja unsere Zielgruppe bei der Kreditvergabe sind. Außerdem fanden wir die bestehende Infrastruktur im Financial Services Umfeld in München sehr interessant.

Das wunderschöne Umland und die zahlreichen Naherholungsgebiete hatten natürlich auch einen Einfluss, so dass die Standortwahl am Ende sehr einfach war.

 

Wie war der Einstieg in den deutschen Markt? Mit welchen Herausforderungen mussten Sie umgehen?

Der deutsche Markt ist für Finanzprodukte im Allgemeinen und Finanzierungen im Speziellen sehr komplex. Daher hat uns das Thema Regulierung vor wahrscheinlich die höchsten Herausforderungen gestellt. Bis heute ist die Kreditvergabe das einzige Finanzprodukt, für das es keine pan-europäische Regulierung gibt, so dass wir hier sehr viel Zeit und Energie investieren mussten.

Eine andere Herausforderung war – und bleibt bis heute – die Situation auf dem Personalmarkt in Deutschland. Es gibt einen harten Kampf um Talente. Gute Mitarbeiter zu finden (und zu halten!) ist nicht einfach. Da wir sehr eng mit unseren Kollegen in den anderen Standorten zusammenarbeiten, ist unsere Firmensprache Englisch. Und während eigentlich ausreichend Sprachkenntnisse im Markt vorhanden sind, zeigen sich viele potentielle Kandidaten der Arbeitssprache Englisch gegenüber eher zurückhaltend, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.

Zusätzlich würde ich noch die relativ niedrige Digitalisierungsquote - gerade bei den KMU - als Herausforderung nennen. Dies hat sich durch die Covid-19 Pandemie tatsächlich verbessert, aber viele Geschäftsführer*innen von KMU denken immer noch zuerst an ihre Hausbank, wenn es um Finanzierungen für ihr Unternehmen geht.

 

Welche Unterstützung haben Sie erhalten?

Zum einen haben wir intern von October viel Unterstützung erhalten. Dadurch, dass Deutschland unser fünfter Markt war, konnten wir auf sehr viel Expertise von Kollegen zurückgreifen.

Zum anderen hatten wir eine sehr gute Ansprechpartnerin bei Invest in Bavaria, die uns auf die verschiedenen Angebote in München aufmerksam gemacht hat und bei der Herstellung relevanter Kontakte sehr hilfreich war.

 

Was sind die Unterschiede, die Sie zwischen der deutschen und der französischen Geschäftskultur feststellen?

Es ist für mich nicht einfach, diese Frage zu beantworten, da October eben kein typisch französisches Unternehmen ist. Wir sind sehr dezentral organisiert und haben an jedem unserer Standorte Teams, die für bestimmte Teilgebiete über ganz Europa verantwortlich sind. Unser Data Team sitzt zum Beispiel in Amsterdam und das Risikomanagement wird aus Mailand gemacht.

In meiner Arbeit über verschiedene Länder und Kontinente hinweg habe ich allerdings die Erfahrung gemacht, dass man mit gegenseitigem Respekt und einer höflichen Neugierde überall gute Ergebnisse erreichen kann.

 

Was würden Sie einem französischen Unternehmen raten, das in den deutschen Markt eintreten möchte?

Es kommt natürlich sehr auf die Industrie an, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Teams mit Kundenberührung auch wirklich im jeweiligen Markt ansässig sein sollten. Es gibt in Zwischenzeit gerade im (Fin-)Tech Bereich eine gute Zahl erfolgreicher französischer Unternehmen in Deutschland, und alle haben gemeinsam, dass sie einen deutschen Standort mit erfahrener Geschäftsführung haben. Diese Strategie ist zwar gerade am Anfang deutlich teurer, führt dann aber auch schneller zum Erfolg.

Eine wichtige Entscheidung in Deutschland ist zudem die Wahl des Standorts. Aus Frankreich sind es Unternehmen gewöhnt, dass an Paris kein Weg vorbeigeht. Diese Unternehmen sind dann oft überrascht, wie viel vielfältiger die Möglichkeiten in Deutschland sind. Es macht also durchaus Sinn, die Standortwahl genau zu überdenken und nach Clustern sowohl von möglichen Kunden als auch möglichen Mitarbeitern zu suchen.

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Unternehmen

October

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Branche

FinTech, SaaS

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In Bayern seit

2019

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Headquarter

Paris, Frankreich

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In Bayern vertreten mit

Niederlassung

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Mehr erfahren unter

october.eu