Bavarian way of life 17.01.2019

Bayerns Dialekte: vom „Schderapfudzger“ und „Knedla“

Bayern ist ein kulturell vielfältiges Land – und dabei reicht der Kulturbegriff weit über das vielzitierte und -getragene Dirndl oder das mittlerweile weltweit exportierte Weißbier hinaus. Denn eines der wichtigsten bayerischen Kulturgüter ist seine Sprache. Oder sollte man sagen: sind seine Sprachen? Mehr als 60 Dialekte werden im Freistaat gesprochen. Eine Tradition, die heute mehr als je zuvor bewusst gepflegt wird.

Die Geschichte des sprachlichen Bayerns, wie wir es heute kennen, beginnt rund ein Jahrhundert nach Christus. Zu dieser Zeit siedeln die ersten Germanen aus dem Norden ins heutige Bayern über. Sie tragen ihre – zu diesem Zeitpunkt noch urgermanische Sprache – in einen durch die zu dieser Zeit starke römische Herrschaft lateinisch geprägten Sprachraum. Die Germanen vermischen sich über die nächsten Jahrhunderte mit den bereits vor Ort lebenden keltoromanischen Boiern – sukzessive entsteht der Stamm der germanisch-keltisch geprägten Bajuwaren.

Als die römische Kaiserzeit um 400 nach Christus endet und das Weströmische Reich untergeht (um 500 n.Chr.), wird Bayern zügig zur autonomen Region – und emanzipiert sich im Zuge der zweiten, althochdeutschen Lautverschiebung (um 600 n.Chr.) auch sprachlich von seinen germanischen Wurzeln. Aus dem 8. Jahrhundert nach Christus datieren die ersten heute noch erhaltenen Überlieferungen und Dichtungen in bairischer Volkssprache. Seither hat sich die bairische Mundart in ober-, mittel und niederbairische Dialekte aufgliedert, die zum Teil bis heute Bestand haben beziehungsweise über die Jahrhunderte hinweg weiterentwickelt wurden.

Bairisch ist mehr als nur „Bairisch“


Durch die erfolgreiche Geschichte der bayerischen Herzöge und Könige vergrößerte sich der Staat zusehends – und mit ihm auch der Sprachraum, den er umfasste. Daher werden in Bayern heute auch viele an den bairischen Sprachraum angrenzende Dialekte gesprochen. Vor allem fränkische, schwäbische und alemannische. So kommt es beispielsweise, dass das kleine Wort „euch“ in Bayern mal „aich“, mal „oich“, mal „enk“ und mal „ui“ gesprochen wird – je nachdem, wo man sich gerade befindet.

Bildeten diese Dialekte einst flächendeckend die örtlich herrschenden Sprachen – die auch der Abgrenzung von anderen Landstrichen und deren Einwohnern dienten –, spricht heute nur noch etwa die Hälfte der 12 Millionen Einwohner Bayerns Dialekt. Bis 2040 soll das Bairische in der Metropolregion München sogar ganz ausgestorben sein, prophezeien Dialektforscher. Ob sich dieses Szenario bewahrheitet oder nicht, es zeigt jedenfalls: Der Dialekt ist mittlerweile wieder auf dem Rückzug. Eng daran geknüpft ist die Herausbildung des deutschen Staates, der dem – im 16. Jahrhundert als reine Schriftsprache entstandenen – Hochdeutsch zur Verbreitung im Alltag verholfen hat. Hinzu kommt die zunehmende Mobilität und Internationalisierung der Gesellschaft, die den Dialekten das Leben erschwert.

Die bairischen Dialekte als schützenswertes Kulturgut


Ein Phänomen, das praktisch alle deutschen Dialekte und viele Dialekte weltweit betrifft. So verwundert es nicht, dass die über Jahrhunderte entstandene sprachliche Tradition Bayerns heute intensiver und vor allem bewusster denn je zuvor gepflegt wird: Zu diesem Zweck entstehen gerade in letzter Zeit zahlreiche Institutionen, Vereine und Preise, die sich die Pflege der bairischen Mundart und aller in Bayern gesprochener Dialekte zur Aufgabe gemacht haben.

So gibt es heute beispielsweise einen Förderverein Bairische Sprache und Dialekte e.V., einen Dialektpreis Bayern oder den jährlich in Deggendorf stattfindenden Bairischen Mundarttag – und auch die Politik diskutiert Bildungsinitiativen, mit deren Hilfe sie die bairische Sprache wieder stärker im Alltag der Menschen verankern kann. Damit auch in Zukunft der Nürnberger seine „Knedla“ bestellt, der Regensburger mit „Pfiat di“ grüßt und der Augsburger an Silvester seinen „Schderapfudzger“ anzündet.

Mehr über die bayerische Kultur erfahren Sie auch in unserem Artikel „Tracht und Tradition zum Oktoberfest“.