Digitalwirtschaft 07.11.2019

E-Health in Bayern: Wie der Freistaat Unternehmen unterstützt

Bayern ist als Wirtschaftsstandort führend. Das beweisen regelmäßig verschiedene Studien. Auch wird Bayern als Standort für Life Sciences und hier besonders Digital Health Start-ups immer beliebter. Nicht zuletzt wegen des Digital Health Hubs in Erlangen sowie dem Digital Health Accelerator Creasphere, welcher in Kooperation mit Roche, Plug and Play sowie Sanofi in München entstanden ist. Wie positiv sich dieses Umfeld auf Start-ups auswirkt, zeigen wir hier am Beispiel verschiedener Firmen aus Bayern, die im E-Health-Sektor tätig sind.

Vorab: Was ist eigentlich E-Health?


Die Digitalisierung hält in nahezu allen Branchen Einzug, nicht zuletzt im Medizinbereich. Durch die Speicherung und Vernetzung relevanter Daten können Effizienz und Sicherheit gesteigert sowie neue Diagnose- und Behandlungsmethoden möglich gemacht werden. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens wird unter dem Begriff E-Health zusammengefasst und vom Bundesgesundheitsministerium klar definiert:
 

„Unter E-Health fasst man Anwendungen zusammen, die für die Behandlung und Betreuung von Patientinnen und Patienten die Möglichkeiten nutzen, die moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bieten. E-Health ist ein Oberbegriff für ein breites Spektrum von IKT-gestützten Anwendungen, in denen Informationen elektronisch verarbeitet, über sichere Datenverbindungen ausgetauscht und Behandlungs- und Betreuungsprozesse von Patientinnen und Patienten unterstützt werden können. Dies betrifft beispielsweise die Kommunikation medizinischer Daten, die mit der elektronischen Gesundheitskarte verfügbar gemacht werden, wie z.B. Notfalldaten oder den Medikationsplan, die elektronische Patientenakte und auch Anwendungen der Telemedizin. Die Kommunikation dieser sensiblen Gesundheitsinformationen wird über die sichere Telematikinfrastruktur erfolgen.“


In der Praxis bedeutet das: E-Health kann mithilfe von digitalen Lösungen zur Vereinfachung des Alltags von Ärzten, Pflegekräften und Patienten beitragen. Wir stellen nun einige Unternehmen aus Bayern vor, die sich genau das zur Aufgabe gemacht haben.

neolexon: Persönlicher Sprachtrainer


Nach Hirnschäden wie einem Schlaganfall ist es keine Seltenheit, dass Menschen das Sprechen völlig neu erlernen müssen. Wie bei jedem Lernprozess ist dabei das richtige Training immens wichtig. Bisher wurden mehrere Patienten von einem Therapeuten betreut. Selbständiges Üben war nur mit Fotokarten auf Papier möglich, ansonsten mussten die wenigen Therapiestunden genügen. Mit der App von neolexon können Therapeuten für ihre Patienten aus 7.800 Wörtern und 1.200 Sätzen mit den dazugehörigen Fotos entsprechende Übungen erstellen, damit jeder Patient das optimale Training für seinen individuellen Bedarf alleine mit einem Tablet durchführen kann. Der Patient kann seine Trainingszeiten frei wählen, kann je nach Befinden, Trainings zusätzlich einschieben oder ausfallen lassen und gleichzeitig kann die Therapie individuell angepasst werden. Das Start-up Neolexon wurde von zwei Studentinnen am Institut für Phonetik und Sprachverarbeitung der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München gegründet und ist heute in den Räumen des digitalen Gründerzentrums WERK1 in München untergebracht.

8sense: Rückenschmerzen ade


Im digitalen Gründerzentrum Stellwerk 18 in Rosenheim sitzt das E-Health Start-up 8sense . Es ermöglicht seinen Kunden mit dem 8sense-Clip, die Ursachen von Rückenschmerzen im Alltag zu finden und zu bekämpfen. Der Clip wird im Bereich der Halswirbelsäule an der Kleidung befestigt und zeichnet Daten über die Körperhaltung auf. Durch haptisches Feedback und eine ergänzende mobile App werden Nutzer motiviert, eine gesunde Haltung einzunehmen und sich im Alltag rückenschonendere Bewegungsabläufe anzueignen. Außerdem werden über die App auch Übungen zur Stärkung des Rückens vorgeschlagen.

 

Temedica: Digitale Patientenversorgung


Dem 2016 gegründeten Unternehmen ist gelungen, was für viele Unternehmen der Gesundheitsbranche ein Traum bleibt: Es ist teilweise direkt an Systeme der Krankenkassen angebunden. Die Produkte der Münchner begleiten Patienten im Heilungsprozess. Therapeuten und Ärzte können, auf Grund der Daten die durch Temedica aufgezeichnet werden, Anpassungen in der Therapie vornehmen. Durch weiterführende Technologien wie Künstliche Intelligenz und Machine Learning wird es möglich, Patienten über einen langen Zeitraum ohne regelmäßige Arzttermine und Stichprobenkontrollen zu betreuen. So wird die individuelle Gesundheitsversorgung von Patienten langfristig sichergestellt und Ärzte werden nachhaltig entlastet.

 

inveox: Prozessoptimierung im Gesundheitswesen


Dieses Start-up aus Garching arbeitet daran, Labore mit Schwerpunkt in der Krebsdiagnose effizienter zu machen. Immer wieder kommt es durch technische oder menschliche Fehler zu Verwechslungen, Verunreinigungen oder gar Verlusten pathologischer Proben, was insbesondere für Patienten eine große Belastung darstellen kann. Um dies zu vermeiden hat inveox eine Verbindung aus einer Web-Plattform, intelligenten Probenbehältern und einem Automaten entwickelt, die Labore von der Vorbereitung für entnommene Gewebeproben bis zu deren Auswertung unterstützt. In Echtzeit werden Labore, Pathologen und Ärzte über den Stand der Probe informiert, was strukturiertere Prozesse und gezielte Kommunikation ermöglicht. Durch die E-Health Lösung sind alle Beteiligten immer up-to-date, egal ob die Probe noch bei der Post liegt oder bereits eine Diagnose feststeht.

VisionHealth: Frische Luft für Lungenkranke


Für Patienten mit chronischer Atemwegserkrankung, die auf einen Inhalator angewiesen sind, bietet VisionHealth unter dem Namen Kata eine digitale Plattform an. In Kombination mit einer Smartphone-App, Künstlicher Intelligenz, Augmented Reality, Machine Learning und Computer Vision analysiert der Anbieter die Effektivität von Inhalationen. Die Pateinten erhalten, neben sofortigem Feedback zu eventuellen Fehlern, auch Trainingsanweisungen mit denen eine effiziente Nutzung der Inhalatoren gewährleistet wird.

 

Warum Bayern ein Hot-Spot für E-Health-Unternehmen ist


Die Standortqualität in Bayern wurde erst Anfang September wieder durch eine Studie bestätigt. Gerade Unternehmen aus Hightech-Branchen profitieren hier von den verschiedenen Standortvorteilen des Freistaats:
•    Moderne, auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtete Ausbildungsbetriebe und Universitäten sorgen für einen steten Strom ambitionierter und qualifizierter Fachkräfte.
•    Verschiedene Förderungen der Politik vereinfachen Ansiedlung und Wachstum neuer und alteingesessener Betriebe.
•    Inkubator- und Accelerator-Programme, welche durch den Freistaat und der Wirtschaft ins Leben gerufen wurden, fördern innovative Start-ups.
•    Durch verschiedene brancheninterne und branchenübergreifende Netzwerke wie etwa dem EIT Health oder dem Digital Health Hub in Erlangen können auch junge Unternehmen schnell in Kontakt zu erfahrenen Big Playern des Marktes kommen.
•    Um die Digitalisierung in Bayern weiter voranzutreiben, gibt es unterschiedliche Netzwerke und Plattformen wie zum Beispiel das Zentrum Digitalisierung Bayern (ZD.B), welches sich unter anderem auch mit der Zukunft der Medizin auseinandersetzt.


Angesichts dieser starken Argumente ist es nicht verwunderlich, dass sich immer mehr Unternehmen – gerade aus dem E-Health-Bereich – in Bayern ansiedeln und erfolgreich sind.