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Bayern macht mobil: Welche Start-ups und Unternehmen den Verkehr revolutionieren
Mehr als 13 Millionen Menschen leben alleine in Bayern . Damit öffentlicher Verkehr mit so vielen Beteiligten reibungslos ablaufen kann, ist technologischer Fortschritt zwingend notwendig. Es verwundert also nicht, dass es Start-ups und Unternehmen im Freistaat gibt, welche die Mobilität nicht nur vereinfachen, sondern sogar revolutionieren. Wir stellen einige vor und geben einen Ausblick in die Zukunftsvisionen der Unternehmen.
Lilium
Lilium wurde 2015 in Weßling bei München gegründet. Die vier Gründer Daniel Wiegand, Sebastian Born, Patrick Nathen und Matthias Meiner sind damals alle Ingenieure oder Doktoranden der Technischen Universität München (TUM) gewesen. Sie haben eine ganz eigene Vorstellung von der Mobilität im Bayern der Zukunft: Keine Abgase, kein Reifenabrieb, keine Staus mehr. Damit diese Vision kein Fiebertraum bleibt, arbeiten die vier Gründer mit mittlerweile über 300 Angestellten an der Serienreife des Lilium Jets. Der Jet ist ein sogenanntes eVTOL (electric-vertical-take-off-and-landing), ein senkrecht startend und landendes Luftfahrzeug. Die technischen Daten beeindrucken:
- Passagieranzahl: Bis zu 5 Personen
- Höchstgeschwindigkeit: Bis zu 300 km/h
- Reichweite: Bis zu 300 Kilometer
- Antrieb: 36 Elektromotoren mit 320 kW Gesamtleistung
Was für manche nach wilder Phantasie klingt, war einigen namhaften Geldgebern bereits Millionen wert: Insgesamt stecken bereits über 300 Millionen US-Dollar in dem erst fünf Jahre alten Start-up. Zu den Investoren zählen unter anderem Atomico, Tencent und die Investorengruppe um Unternehmer Frank Thelen, Freigeist Capital. Es fanden bereits mehrere unbemannte Probeflüge statt, sowohl von einem zweisitzigen als auch von einem viersitzigen Prototypen. Der Zweisitzer befindet sich derzeit im Zulassungsverfahren der EASA (Europäische Agentur für Flugsicherheit). Die hohe Anzahl der Motoren hat Sicherheitsgründe: Selbst wenn einige der Mantelpropeller ausfallen, ist sicheres Landen gewährleistet. Wenn die Lilium GmbH ihr Ziel erreicht, können wir in einigen Jahren anstelle eines gewöhnlichen Taxis einfach einen Lilium Jet bestellen und uns über Staus und andere Unannehmlichkeiten hinweg fliegen lassen. Die Preisgestaltung soll sich an Taxifahrten orientieren und Flüge sollen dadurch für die meisten Menschen bezahlbar sein.
ParkHere
Wem Lilium zu abgehoben ist, der wird mit der ParkHere GmbH etwas Bodenständigeres finden. Auch diese Firma wurde 2015 als Ausgründung der TUM eröffnet. Sie entwickelt energieautarke Sensoren für Parkraum Management. Was kompliziert klingt, ist einfach zu erklären: Sensoren von ParkHere werden an Parkplätzen angebracht und übertragen via Mobilfunk in Echtzeit, ob der Parkplatz frei oder besetzt ist. Dazu benötigen sie weder einen Stromanschluss noch Batterien. Der Nutzen ist klar: Keine lästige Parkplatzsuche mehr, sondern direkt auf dem Handy oder sogar im Auto anzeigen lassen, wo der nächste freie Parkplatz ist. Schwerpunkt derzeitiger Probeläufe sind Lade-Parkplätze für Elektroautos. So leistet das Unternehmen einen Beitrag, Elektromobilität in Bayern attraktiver und alltagstauglicher zu machen. Durch das Wegfallen des „Parkplatz-such-Verkehrs“ wird außerdem die Umwelt geschont. ParkHere arbeitet bereits erfolgreich mit einigen Unternehmen zusammen, etwa BMW oder Telefónica München.
Ionity
Ionity wurde zwar erst im Oktober 2017 gegründet, ist aber nicht unbedingt als klassisches Start-up zu bezeichnen. Das in München sitzende Unternehmen ist ein Joint Venture von BMW, Daimler, Ford, Audi, VW, Porsche und seit 2019 ist auch Hyundai Teil des Projekts. Ziel von Ionity ist es, entlang der europäischen Hauptverkehrsstraßen bis Ende 2020 ein Netz von öffentlichen High-Power-Charging-Ladestationen (HCP) aufzubauen. Durch diesen Flächenausbau soll E-Mobilität von Bayern aus langstreckentauglich gemacht werden. Das erklärte Ziel sind 400 Stationen, die in 18 Ländern errichtet werden sollen. Es ist geplant, dass die die HCPs untereinander nicht mehr als 120 Kilometer auseinander liegen werden. Auch die Europäische Union unterstützt dieses Vorhaben mit Förderungen: Bisher hat sie etwa 39 Millionen Euro investiert. Die Weichen für die Elektromobilität Europas werden also im Herzen Bayerns gestellt.
Sono Motors
Was nutzen Parkplätze und Ladesäulen, wenn sie keiner nutzen kann? Sono Motors wurde ursprünglich bei Frankfurt gegründet, hat aber mittlerweile seinen Hauptsitz nach München verlegt. Das im Januar 2016 gegründete Start-up arbeitet am Sion. Das ist ein Elektroauto, das sich selbst über Solarzellen auflädt. Bisher sind bereits über 10.000 Vorbestellungen für das Auto eingegangen, dessen Neupreis mit nur 16.000 Euro verhältnismäßig erschwinglich ausfällt. Der Sion ist aber nicht einfach nur ein weiteres, gewöhnliches Elektroauto. Man könnte sagen, er vereint alle Vorteile, die ein elektrisches und digitales Auto haben kann:
- Stetige Wiederaufladung durch Solarzellen
- Strom für alle: Der Sion kann von Passanten als Ladestation genutzt werden.
- Mobilität für alle: Durch eine App kann der Sion kurzfristig vermietet werden.
- Günstige Reparaturen: Ersatzteile entstehen im 3D-Drucker, die Daten sind öffentlich zugänglich, ebenso wie Einbauanleitungen für Laien.
So ergeben sich gleichzeitig mehrere Vorteile, die nicht nur die Mobilität der Zukunft in Bayern ermöglichen, sondern sie auch prägen könnten. Zum einen die Nutzbarkeit: Seinen bi-direktionalen Akku kann der Sion nicht nur sowohl an Schnelllade- als auch an Haushaltssteckdosen laden, er kann ihn – wenn sein Besitzer das möchte – auch Passanten als Stromquelle zur Verfügung stellen. Dabei ist aber nicht beim einfachen Handyaufladen Schluss: Selbst anderen Elektrofahrzeugen kann der Sion Saft geben.
Neben dieser Funktion – Sono Motors nennt sie Powersharing – können Besitzer des Sion anderen Menschen durch eine eigene App auch eine Mitfahrgelegenheit (Ridesharing) anbieten oder das ganze Auto vermieten (Carsharing).
Den günstigen Preis erreichen die Münchner, indem sie abgelaufene Patente anderer Automobilhersteller nutzen, die mittlerweile zur freien Verfügung stehen. Allerdings wird die Batterie voraussichtlich eine monatliche Miete kosten – es sei denn, es finden sich genügend Interessenten, die eine Batterie für etwa 9.500 Euro zusätzlich kaufen würden.
Anfang 2020 machte Sono Motors Schlagzeilen, als für die weitere Entwicklung, Produktion und Erprobung in einer der größten Crowdfunding-Kampagnen Europas 53 Millionen Euro innerhalb von 50 Tagen eingesammelt wurden. Mit dem frischen Kapital wird das Team erweitert und die Entwicklung des Sions weiter vorangetrieben – laut Sono Motors sollen 2021 die ersten Fahrzeuge zur Typgenehmigung und Prozesssicherung in der Produktion vom Band rollen. Die Auslieferung an Kunden ist ab dem Jahr 2022 geplant.
Mobilität am Technologiestandort Bayern
Diese jungen und erfolgreichen Unternehmen zeigen eindrucksvoll, wie bayernweit das Kompetenzfeld Automotive um den weiter gefassten Bereich Mobility ergänzt wird. Die langjährigen Bemühungen von Politik, Wirtschaft und im Bereich der Forschung tragen nun Früchte und auch Anfang des Jahres wurde die weltweite Bedeutung des Freistaats im Bereich Mobilität wieder unterstrichen, als der Umzug der Internationalen Automobilausstellung IAA von Frankfurt nach München verkündet wurde. Die bayerische Landeshauptstadt setzte sich gegen Konkurrenten wie Berlin und Hamburg durch. Laut Angaben der Veranstalter soll unter Einbeziehung der Metropolregion eine branchenübergreifende Innovations-Plattform für die Mobilität der Zukunft etabliert werden. Aber auch als Wirtschaftsstandort insgesamt kann Bayern Punkten, wie eine international angelegte Studie zu Standortfaktoren aus dem Jahr 2019 zeigt.