5 Minuten mit ... 20.08.2019

5 Minuten mit … Paul Benz, Mitgründer der Emqopter GmbH

Der Luftverkehr nimmt immer weiter zu – wer aber an große Passagierflugzeuge denkt, liegt hier falsch. Der Fortschritt bei unbemannten kleinen Luftfahrzeugen, sogenannte Drohnen, schreitet immer weiter voran. Diese können mittlerweile mehr Gewicht als das einer kleinen Kamera tragen und auch der gewerbliche Einsatz von Drohnen ist im vollen Gang: Der Paketdienst DHL testet bereits seit 2 Jahren den Einsatz von Drohnen zur Paketbeförderung, die Deutsche Bahn nutzt Drohnen zur Inspektion von Brücken und Bahnhöfen. Jedoch wird bisher immer die Hilfe von Menschen benötigt. Emqopter ist es gelungen, die erste vollautonome und genehmigungsfähige Lieferdrohne für den urbanen Luftraum zu entwickeln.

Herr Benz, wie kamen Sie dazu, sich mit Luftfahrzeugen zu beschäftigen?

Luftfahrzeuge bieten die Möglichkeit, die Grenzen der Erdanziehung zu überwinden und die Welt aus einer ganz neuen Perspektive zu erleben. Das hat mich sehr früh schon interessiert. Die schier unendlichen Anwendungsmöglichkeiten von Flugzeugen oder Drohnen haben mich schließlich dazu gebracht, mich in meinem Studium mit der Thematik zu beschäftigen. Hier geht man natürlich noch einmal mehr in die Tiefe und bekommt die Gelegenheit, die eigenen Ideen umzusetzen. Gerade am Lehrstuhl für Luft- und Raumfahrtinformatik in Würzburg hat man die nötige Infrastruktur zur Verfügung, innovative Technologien zu konzeptionieren, umzusetzen und in die Anwendung zu bringen. Von dort war es nur der nächste logische Schritt, den Weg der eigenen Gründung zu gehen…

Ihre Technik macht es möglich: Die Pizza kommt nicht mit dem Pizzadienst angefahren, sondern mit der Drohne geflogen. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Mobilität der Zukunft aus, was wird sich noch verändern? Wo sehen sie weitere Einsatzmöglichkeiten für Drohen?

Der Transport von Lebensmitteln an den Endkunden ist natürlich eine besonders populäre Anwendung von Drohnen. Die Möglichkeiten des Einsatzes von Unmanned Aerial Vehicals (UAVs) sehen wir allerdings kurz- und mittelfristig eher in der Optimierung von intralogistischen Aufgaben. Besonders im Rahmen des Wandels hin zur Industrie 4.0, bei dem es immer mehr darauf ankommt, Effizienzen zu steigern, humane Ressourcen für anspruchsvolle Aufgaben freizusetzen und stupide, zeitaufwändige Arbeiten von Maschinen erledigen zu lassen, bietet sich der Einsatz von Drohnen im Mobilitätssektor an. Die Prozesse zu Transportfahrten zwischen Lagerstätten und Produktionsanlagen sind bereits jetzt schon so weit standardisiert, dass der Aufwand, diese zu automatisieren, überschaubar ist.
Genauso gilt es, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit bestmöglich leisten können. Sich während der Mittagspause ins Auto setzen zu müssen, um eine Mensateria zu erreichen, ist hier wohl das absolute Gegenbeispiel. Und dies ist kein Einzelfall. Viele Produktionszentren haben oftmals nur eine Mensa in der Mitte des Werkes oder nur eine Mensa für mehrere Werke, sodass die Wege zum Mittagessen unnötig lang sind. Der Einsatz einer Drohne, die automatisch auf Anforderung Lebensmittel – oder darüber hinaus beliebige Kleinteile, Blutkonserven, Medikamente, Hauspost transportiert – würde hier einiges bewirken.

Und wo kann man Ihre Drohnen gerade am Himmel sehen?

Für unseren Pilotkunden Jopp Automotive in Bad Neustadt in Nordbayern haben wir die erste genehmigungsfähige, vollautonome Lieferdrohne in Deutschland entwickelt und zum Einsatz gebracht. Hier war die Aufgabe, die zwei der drei Werke des Automobilzulieferers über eine autonome Drohne an die Mensateria in Werk 1 anzubinden. Besonders ist uns hier auch der Vorteil des Luftweges ins Auge gestochen. Gerade in den ersten Wochen des Betriebes musste öfter per PKW zwischen den Standorten gependelt werden, um die Infrastruktur für die Lieferdrohne zu optimieren. Der Zeitaufwand für eine Fahrt im Auto zwischen Werk 1 und Werk 2 beispielsweise betrug dabei im Schnitt fünf Minuten für eine Strecke von ca. 600m. Unsere Drohne schafft diese Strecke ohne Verkehr, Ampeln und Kreuzungen in einem Drittel der Zeit. Ein enormer Vorteil, der gerade dann bewusst wird, wenn diese Fahrten kein Einzelfall sind, sondern wie so oft reine Routine.

Die UAV-Drohne von EmQopter war einer unserer Nebendarsteller in unserem Start-up-Video.
>> Wer entdeckt sie?

 

Deutschland hat den Ruf, ein sehr bürokratisches Land zu sein. Wie haben Sie es geschafft, mit Ihrem Unmanned Aerial Vehical (UAV), die strengen Sicherheitsbestimmungen in Deutschland für den vollständig autonomen Flug im urbanen Luftraum zu erfüllen?

Im Gegensatz zu manchen anderen Ländern achtet man in Deutschland sehr darauf, Regularien zu schaffen, die das Zusammenleben vereinfachen und die Risiken des Alltags minimieren sollen. Dementsprechend war besonders die Entwicklung einer Drohne, die vollautonom (also ohne dass ein Pilot noch eingreifen muss) im Stadtgebiet (also über Straßen, Bahngleise, Firmen- und nicht zuletzt Privatgrundstücke) fliegen soll, eine Herausforderung. Aber genau diese Herausforderung war es, die uns regelrecht dazu zwang, die Lieferdrohne nach allen Maßstäben der Sicherheit auszulegen, sodass der Einsatz der Drohne eben kein Risko, sondern eine klare Chance für bessere Mobilität darstellt. Im Zuge der Entwicklung entstand so zum Beispiel unsere zum Patent angemeldete Landeautomatik, die es der Drohne erlaubt, im Notfall eigenständig in fremder Umgebung einen sicheren Landeplatz zu detektieren und auch in kritischen Situationen die Gefahr eines Unfalls zu mindern. Sollte trotz aller Sicherheitsvorkehrungen die Drohne außer Kontrolle geraten, wird selbständig ein Fallschirm geöffnet und ein akkustisches Warnsignal ausgelöst, um Personen in der Nähe zu warnen und somit nochmal das Risiko von Schäden an Objekt und Mensch reduziert.

Das Thema „Künstliche Intelligenz“ macht bei Drohnen keinen Halt. Wie funktioniert das und welche Vorteile bringt der Einsatz der intelligenten Flugassistenz?

„Künstliche Intelligenz“ basiert auf einer möglichst genauen Wahrnehmung der Umgebung durch Sensoren. Darauf aufbauend wird durch einen Computer ein Systemverhalten bestimmt, welches möglichst optimal das Erreichen eines vorgegebenen Zieles fördert. Auf unsere Drohnen bezogen sind dies Sensoren, die auf Ultraschall-, Infrarot-, Laser-, oder 3D-Time of Flight-Technologien basieren und uns Informationen zur Umgebung liefern. Dadurch ermöglichen wir es dem System, Steuerimpulse zu bewerten und zum Beispiel im Zuge der Flugassistenz ähnlich einer Einparkhilfe beim Auto den Pilot zu unterstützen und so Kollisionen der Drohne mit Hindernissen in der Umgebung zu verhindern. Je mehr Informationen dem System zur Verfügung stehen, desto besser kann der Computer in die Steuerung der Drohne eingreifen. Dies führt schließlich zu einer vollautonomen Drohne, die in der Lage ist, den kompletten Flug eigenständig zu absolvieren. Und darin liegt der Schlüssel des Erfolges von UAVs. Erst durch die Autonomie können wir die Möglichkeiten der Drohnen ausschöpfen. Die Vorteile davon liegen auf der Hand. Wir steigern die Ausfallsicherheit der Systeme, sind zeiteffizienter, senken Kosten von Reparatur und Wartungsaufwänden und optimieren die Ergebnisse der eigentlichen Aufgabe.

Sie arbeiten eng mit Hochschulen zusammen. Wieso sind Ihnen diese Kooperationen wichtig?

Die Drohnentechnik ist ein hochinnovativer Sektor, der von neuen Ansätzen und einem gewissen Forschergeist lebt. Gerade hierfür sind Kooperationen mit Hochschulen von Bedeutung. Hochschulen sind im Gegenzug darauf angewiesen, ihre aktuellen Forschungsergebnisse in die Anwendung zu bringen und dadurch Erfahrungswerte aus der Praxis zu sammeln. Somit entsteht eine Symbiose, von der wir als junges Unternehmen genauso Wert schöpfen wie die Hochschulen für sich.

Neben der Julius-Maximilians-Universität Würzburg – von welchen Faktoren profitieren Sie als Start-up am Standort Würzburg noch?

Die Gründerszene in Würzburg wird stark durch ansässige Organisationen gestützt, die sich darauf spezialisiert haben, jungen Gründern auf den ersten Metern in die Selbständigkeit unter die Arme zu greifen. Hierzu zählen das Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT),  welches für den Technologietransfer aus Projekten der Universität zu Verfügung steht, sowie das Zentrum für digitale Innovationen Mainfranken (ZDI Mainfranken) und das Innovations- & Gründerzentrum Würzburg (IGZ Würzburg),  die nicht nur Räume zur Verfügung stellen, die Start-Ups nutzen können, sondern darüber hinaus immer wieder mit Veranstaltungen günstige Marketingflächen bieten. Speziell die zuständigen Gründungsberater sind hier hervorzuheben, die Ihren Dienst gerne bereitstellen um uns zu helfen. Also alles in allem ein Ort, wo Ideen genug Platz und Unterstützung erhalten um zu wachsen und reifen.

An welchen Ort in Bayern würden Sie gerne für den einen oder anderen tollen Schnappschuss mit Ihrer Drohne einmal fliegen?

Ich mach‘ die Schönheit Bayern nicht an einem bestimmten Ort fest. Unser Freistaat ist derart abwechslungsreich, sodass man eigentlich überall einen Ort für den perfekten Schnappschuss findet. Ich selbst komme aus den Wäldern des Spessart – optimal zum Abspannen - aber auch einfach schön im Herbst mit goldenem Laub. Genau so kann man sich aber auch in den Hügeln des Voralpenlandes einen hübschen Fleck herauspicken. Von den vielen Schlössern ganz zu schweigen. Sollte ich mich festlegen wäre es aber wohl das Panorama des Königssees!


Der Standort Bayern ist als heterogene Region für Gewerbe und Industrie hoch interessant für jede Art von Gründung. Egal ob für Technologie, Sozialengagement oder Lifestyle bietet Bayern die optimale Umgebung und Infrastruktur für die Umsetzung innovativer Ideen!

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Unternehmen

Emqopter GmbH

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Branche

Mikroelektronik / Mikrosystemtechnik / Sensorik

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In Bayern seit

2016

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Würzburg

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www.emqopter.de