5 Minuten mit ... 14.09.2016

Fünf Minuten mit... Malte Zeeck, Mitgründer und CO-CEO von InterNations GmbH

Gerade erst veröffentlichte InterNations eine Studie zu den beliebtesten Zielen für Menschen, die im Ausland leben. Deutschland konnte hier besonders beim Thema Arbeit punkten. Jeder, der schon einmal im Ausland gelebt hat, weiß, welch eine Herausforderung es ist, sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden und in der neuen Heimat einzuleben. Unser heutiger Gesprächspartner Malte Zeeck will mit seinem Münchener Start-up InterNations Abhilfe schaffen. Expats können sich auf der Plattform mit Gleichgesinnten austauschen und sich auch auf lokalen Veranstaltungen kennen lernen.

Wie kamen Sie auf die Idee mit InterNations?

 

Mein Mitgründer und Co-CEO Philipp von Plato und ich kennen uns schon seit unserem BWL-Studium an der Universität St. Gallen. Bereits als Kommilitonen haben wir oft mit dem Gedanken gespielt, uns später selbstständig zu machen und ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Aber nach dem Abschluss sind wir beide erst einmal anderen Interessen gefolgt: Aufgrund meiner Leidenschaft für Reisen, Land und Leute war ich für verschiedene Fernsehsender in Europa, Indien und Brasilien tätig. Philipp von Plato hat mehrere Jahre als Unternehmensberater für McKinsey in Deutschland, Großbritannien und Kroatien gearbeitet.
Als unsere Wege sich im Januar 2007 in Köln erneut kreuzten, haben uns die eigenen Erfahrungen mit dem Leben im Ausland zur Gründung eines Expat-Netzwerks inspiriert. Eine globale Plattform, die sich gezielt an Menschen wendet, die im Ausland leben und arbeiten – so etwas gab es damals noch nicht.

 

Wie funktioniert InterNations? Welche Möglichkeiten gibt es für Expats in Bayern, Infos zur neuen Heimat zu erhalten und Gleichgesinnte kennen zu lernen?

 

Auf InterNations können sich Expats und andere Global Minds sowohl online als auch offline austauschen. Online können sie in unseren Foren Fragen an die Community stellen – die Wohnungssuche in München ist zum Beispiel angesichts der angespannten Lage auf dem hiesigen Immobilienmarkt ein Dauerbrenner. Darüber hinaus können sie sich in unserem Country Guide zu Deutschland und unserem City Guide zu München über das Alltagsleben hier informieren.
Aber noch wichtiger ist eigentlich der Kontakt im „wirklichen“ Leben, abseits vom PC oder Smartphone. In Bayern gibt es vier verschiedene InterNations Communities in München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg. In diesen Städten bieten wir regelmäßig Veranstaltungen an, sowohl größere Networking-Treffen und After-Work Veranstaltungen als auch gemeinsame Freizeitaktivitäten im kleineren Rahmen.
Gerade München ist eine der größten und aktivsten Communities weltweit – hier gibt es eine InterNations Group für fast jeden denkbaren Geschmack, vom internationalen Buchclub über den Bierstammtisch oder die Outdoor Group, die regelmäßig Wanderungen und Bergtouren organisiert, bis hin zu speziellen Angeboten für Familien mit Kindern.
Stolz sind wir auch auf unsere InterNations Volunteer Group. Hier engagieren sich Mitglieder aus München und Umgebung ehrenamtlich, um mehrere soziale Initiativen, wie zum Beispiel die Kleiderkammer für Flüchtlinge in der Bayernkaserne, zu unterstützen. Unser Volunteer Program ist inzwischen in 36 Städten weltweit vertreten.

 

Sie kennen bestimmt viele Expats in Bayern. Womit hatten sie Ihrer Erfahrung nach die größten Schwierigkeiten?

 

Wenn wir uns die neuesten Ergebnisse unserer jährlichen Expat Insider Studie zum Thema Leben im Ausland ansehen, haben Expats in ganz Deutschland vor allem große Schwierigkeiten, die Sprachbarriere zu überwinden und neue Freunde zu finden. Die Deutschen werden in der Tat oft als distanziert oder gar unfreundlich wahrgenommen, was natürlich bei der Eingewöhnung in der neuen Heimat alles andere als hilfreich ist.

Wenn es um Bayern im Besonderen geht, kenne ich natürlich die Situation in München am besten. Wie gesagt, der Wohnungsmarkt stellt gerade Neuzuzügler aus dem Ausland vor große Herausforderungen; auch besserverdienende Expats haben es nicht leicht. Es kursiert inzwischen schon das Bonmot, dass man im Raum München leichter einen Job als eine Wohnung findet. Behördengänge sind — gerade für Nicht-EU-Bürger — oft auch ein größeres Problem, insbesondere wenn noch Verständigungsschwierigkeiten hinzukommen.

 

Sie haben InterNations 2007 zusammen mit zwei Freunden selbst gegründet. Heute ist InterNations mit 2,3 Millionen Mitgliedern das größte Netzwerk für Menschen, die im Ausland leben und arbeiten. Welche Tipps können Sie jungen Start-ups geben?

 

Als Erstes muss man lernen, Generalist zu sein – und später kommt dann das Delegieren dazu. Ganz am Anfang ist man als Gründer eines Start-ups wirklich für alles selbst verantwortlich. Es gibt keine etablierte Unternehmenskultur und keine eingespielten Arbeitsprozesse. Man muss eigentlich überall selbst mit anpacken, ganz egal ob es um die Vorbereitung eines Investorengesprächs geht, um die monatliche Buchhaltung, um die Einstellung der ersten Mitarbeiter oder um die Anschaffung der Espressomaschine.

Wenn das Unternehmen dann den Kinderschuhen allmählich entwächst, muss man wiederum loslassen können. Routinen bilden sich heraus; die Pionieratmosphäre wird professioneller; das Team wächst. Dann muss man darauf vertrauen können, dass man die perfekten Leute gefunden hat und sich die Mitarbeiter genauso leidenschaftlich für ihre jeweiligen Aufgaben einsetzen.

 

Auch Ihr eigenes Team bei InterNations ist sehr international. Wie fördern Sie eine harmonische interkulturelle Zusammenarbeit?

 

Zum einen legen wir großen Wert darauf, dass alle Mitglieder unseres Teams bereits Auslandserfahrung gesammelt haben, sei es nun während des Studiums, durch ein Praktikum oder einen „Working Holiday“-Aufenthalt oder in ihrem vorherigen Job. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, um die Bedürfnisse unserer Kunden besser zu verstehen, und mit den Arbeitskollegen aus aller Welt erfolgreich zusammenarbeiten zu können.

Zum anderen haben wir mit unseren „Guiding Principles“ auch Grundregeln für unsere Unternehmenskultur geschaffen, die in den Teams gelebt werden: dazu gehört einerseits offene Kommunikation („listen and say what you mean“), aber auch ein gewisses Verständnis für kulturelle Vielfalt und Unterschiede („embrace differences“), um nur zwei Beispiele zu nennen. Bei momentan zirka 30 verschiedenen Nationalitäten geht das gar nicht anders.

 

Welchen Ort können Sie Neuankömmlingen im Freistaat besonders empfehlen, um Bayern besser kennen zu lernen?

 

Ich weiß nicht, ob ich als gebürtiges Nordlicht mit Rheinländer Seele – geboren in Kiel, aufgewachsen bei Bonn – hier der richtige Ansprechpartner bin. Aber so quasi als Zugezogener in Bayern kann ich nur sagen, dass man Bayern eben nicht auf einen Ort reduzieren sollte. Gerade im Ausland denkt man da gerne an das München-FC Bayern-Bier-Tracht-Oktoberfest Klischee – ein positiv besetztes Klischee, aber doch ein Klischee. Wenn man Zeit hat, sollte man auch versuchen, die hiesige Vielfalt zu erleben. Es gibt idyllische Altstädte in Orten wie Bamberg oder Regensburg; Ski fahren kann man in den Alpen und im Bayerischen Wald; es gibt wunderschöne Radwege im Altmühltal, und neben dem Münchener Bier sollte man auch mal einen Frankenwein probieren…


Bayerns Wirtschaft ist lebendig – dazu tragen vor allem die Menschen, die hier arbeiten und leben, bei. In unserer Rubrik „5 Minuten mit …“ stellen wir jeden Monat eine interessante Persönlichkeit aus Wirtschaft und Forschung vor.